And so the Berlin Blues begin…
Schon als ich das erste Mal studiert habe, wollte ich eigentlich nach Berlin ziehen. Hauptsache: weit weg. Aus Berlin wurde Hamburg und ich in der Hansestadt sehr glücklich. Vielleicht zu glücklich? Mit meiner eigenen kleinen Wohnung, bis auf das letzte Detail liebevoll eingerichtet und dekoriert, gemütlich und heimelig. Ich hatte mir ein Nest gebaut. Welches ich jetzt mit aller Kraft und in der Überzeugung zerfetzt habe, irgendwo etwa anderes, Größeres suchen zu müssen. Um mit einem Bruchteil meiner Habseligkeiten in eine Stadt zu ziehen, von der ich befürchte, dass sie mich durchkauen, verdauen und dann irgendwie trotzdem wieder ausspucken wird. Berlin. Eine Stadt, die immer wieder kriegsentscheidend war. Eine, in die gerade viele New Yorker ziehen, weil man die gleichen beruflichen Chancen hat, aber nur einen Bruchteil der Miete zahlt.
In Hamburg begrüßt man sich mit „Moin“ und einem Lächeln. In Berlin kann man froh sein, wenn man überhaupt begrüßt wird. In Hamburg sagt man einem Busfahrer, wohin man möchte und bekommt ein passendes Ticket. In Berlin schnauzt einen der Busfahrer an, er könne ja nicht alle Straßen kennen, ganz ungeachtet der Tatsache, dass man ihm eine Bushaltestelle genannt hat. In Hamburg spielen Bettler Mundharmonika an der Alster. In Berlin beschimpfen sie einen am Hauptbahnhof.
Warum also Berlin? Eine Stadt, in der ich das letzte Mal vor Weihnachten im letzten Jahr war. Vor meinem Umzug gestern war ich nicht ein einziges Mal nochmal in Berlin. Warum, frage ich mich, tue ich mir das an?
Die Antwort ist so simpel wie vernichtend:
Weil ich eine Vollidiotin bin, die sich nicht merken kann, dass Veränderung weh tut.
Weil ich hoffe, durch den Schmerz zu wachsen. Die Bilanz aus einem halben Jahr Elend in Paris ist eine bis heute solide Basis im Französischen und die Fähigkeit, mich in einer Großstadt zurechtzufinden. Die Vorteile aus einem halben Jahr Schufterei in Manchester beinhalten unter anderem das Vertrauen in meine akademischen Fähigkeiten und die Erkenntnis, dass tägliche Spaziergänge in der Prüfungsphase unerlässlich sind. Über Darmstadt wollen wir hier gar nicht sprechen. Dort habe ich unter anderem gelernt, dass es machmal das Beste ist, einfach aufzugeben, wenn man gegen eine Wand rennt.
Weil ich hoffe, durch den Schmerz zu wachsen. Die Bilanz aus einem halben Jahr Elend in Paris ist eine bis heute solide Basis im Französischen und die Fähigkeit, mich in einer Großstadt zurechtzufinden. Die Vorteile aus einem halben Jahr Schufterei in Manchester beinhalten unter anderem das Vertrauen in meine akademischen Fähigkeiten und die Erkenntnis, dass tägliche Spaziergänge in der Prüfungsphase unerlässlich sind. Über Darmstadt wollen wir hier gar nicht sprechen. Dort habe ich unter anderem gelernt, dass es machmal das Beste ist, einfach aufzugeben, wenn man gegen eine Wand rennt.
Der eigentliche Grund für meine Aufenthalt in Berlin ist aber viel pragmatischer. Ich wurde für einen Masterstudienplatz an der Humboldt-Universität zu Berlin akzeptiert, für den ich vorher abgelehnt wurde. Ein Joint Master in European History. Zwei bis drei Jahre, Masterarbeit auf englisch, mindestens ein halbes Jahr an einer anderen europäischen Universität, Verteidigung an beiden Universitäten wenn man den doppelten Titel anstrebt.
Der Haken: Ich habe noch nie Geschichte studiert. Ich habe keine Ahnung, was ich hier tue. Mein Bachelor in englischer Literatur und Filmwissenschaft hat jedenfalls nichts mit irgendwas zu tun, was mich hier erwartet. Selbst Literaturwissenschaft habe ich nie so betrieben, dass man mich für eine Expertin halten könnte. Was also tue ich hier? Auf englisch würde man vielleicht sagen, “I’m setting myself up for failure”. Und selbst, wenn ich nicht scheitere – zu welchem Preis habe ich alles und jeden zurückgelassen, was und den ich kenne und liebe?
Ich weiß, dass dieser Schmerz verfliegt. Zudem ist keine Entscheidung in Stein gemeißelt. Ich habe oft genug Heimweh gehabt um zu wissen, dass heiße, bittere Tränen trocknen. Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Jemand in Downton Abbey, ich habe vergessen, wer, hat mal gesagt: “There is no shame in feeling homesick. It just means that you come from a happy home”. Was ich mich frage: Werde ich eines Tages aufhören, mich selbst zu entwurzeln? Oder werde ich immer wieder in kahlen Räumen sitzen, um eine Wlan-Verbindung ringen und einen neuen Blog beginnen, um mir Leid (und später Freude) von der Seele zu schreiben?
Der Gedanke, nie irgendwo anzukommen, macht mir Angst. Woher kommt der Drang, alles hinter sich zu lassen und unter unterdrücktem Schluchzen neu anzufangen? Warum habe ich periodisch das Gefühl, mein Leben ändern zu müssen, wenn ich in einen Trott gerate?
Ich habe keine Antworten und keine Lösungen. Wie so oft wird sich auch hier der Sinn der Sache erst nachträglich erschließen.
Bis ich ihn gefunden habe, rufe ich weiter meine Fragen ins Nichts. Und hoffe, dass sich hinter all den Irrungen und Wirrungen die Antwort auf die Frage nach meinem Platz im Leben verbirgt.
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