Culture Night oder „Warum Iren mich nicht mögen“

Ich muss zugeben, dass ich bis gestern noch nicht wirklich warm geworden war mit Dublin. Vor allem, weil ich ständig den Eindruck hatte, die Iren mögen mich nicht.

Türklopfer am Eingang zur National Library

Stimmt auch. Es liegt aber nicht an mir. 
Es liegt am Akzent. 

National Museum of Ireland: Ausstellung zur Bronzezeit


All die Jahre, die ich damit zugebracht habe, so britisch wie möglich zu klingen, bringen mich jetzt in die heikle Situation, dass meine irischen Mitbürger mich für eine Ururururenkelin ihrer Unterdrücker halten und mir, kaum dass ich den ersten Satz geäußert habe, in etwa so charmant begegnen, als hätte ich ihnen ins Gesicht gespukt. 
Mein Englisch ist lange nicht mehr so überzeugend, wie es mal war. Offensichtlich reicht es aber immer noch aus, um Leute zumindest für die ersten Sätze zu täuschen. Bis gestern Abend war das alles nur eine Theorie, aber dann bin ich vor der Bar „The Big Romance“ mit einem Mann aus Cork (nicht aus Dublin!! Direkt erstes Fettnäpfchen) ins Gespräch gekommen und er hat mir bestätigt, dass es tatsächlich daran liegt.

Blick von der National Library zum National Museum

Eingang zur National Library

 

Ich kann die Iren durchaus verstehen. Wer jahrhundertelang unterjocht wurde, darf gelinden Unmut gegenüber den Besatzern empfinden. (Nicht, dass heutige Engländer irgendwas für die Verbrechen ihrer Vorfahren können.) Das wird allerdings dazu führen, dass ich jetzt jedes Mal, wenn ich mit einem Iren in Kontakt komme, irgendwie im ersten Satz zu erwähnen versuche, dass ich Deutsche bin. Vielleicht sollte ich in Zukunft mit Lederhosen und Maßkrug durch Dublin laufen. Oder einfach, wie gestern Abend, statt einem Guinness ein Hofbräu bestellen. Der Barkeeper wusste sofort, dass ich Deutsche bin: Alle anderen Nationen brechen sich bei dem Namen einen ab. (Vielleicht bis auf Österreicher und Schweizer. Aber ähnlich wie für uns der Unterschied zwischen Kanadiern und Amerikanern oder Briten und Iren auf den ersten Blick schwer auszumachen ist, sind für Iren Österreicher, Schweizer und Deutsche irgendwie auch dasselbe.) 

Wenn sie mich nicht mehr für eine Engländerin halten, sind die Iren übrigens ganz reizend. Also wirklich. Mit so vielen Leuten wie gestern Abend bin ich vor einem Pub lange nicht mehr ins Gespräch gekommen. Die Iren sind gesellige Schnacker. Man versteht nur die Hälfte (selbst Muttersprachlerin Lauren), dafür fühlt man sich fast schon integriert. 

Ein paar Eindrücke aus der Freemason’s Hall der irischen Abteilung der Freimaurer...

...ohne Photos von Personen, weil man da sehr vorsichtig sein soll: In manchen Ländern werden Freimaurer immer noch verfolgt...

...dabei ist mir das fast egal, weil die Doofies immer noch keine Frauen beitreten lassen. 


All die Photos in diesem Post stammen aus unserem „Culture Night“ Ausflug. Da haben in Dublin fast alle Museen und viele andere kulturelle Einrichtungen die halbe Nacht kostenlos offen und veranstalten abgefahrene Events. Unser vorletzter Stopp vor dem „The Big Romance“ war um 21.15 das James Joyce Centre, wo wir eine Führung durch das Georgianische Haus bekamen (in dem Joyce nie selbst war, dafür aber eine seiner non-fiktionalen Romanfiguren) und Einblicke in James Joyce’ Arbeit und Leben.

Der obige Raum ist so eingerichtet, dass er an die Szenerie in Joyce’ Kurzgeschichte „The Dead“ erinnert.

Die Tür von 7 Eccles Street, wo Leopold Bloom in „Ulysses“ wohnt. (Ich habe keine Ahnung, warum das Photo so merkwürdig aussieht...)

... mehr Kultur in einer Nacht als in vielen Monaten davor. Waren sehr stolz auf uns. Morgen gehen wir in die Jameson Destille, weil Trinkkultur schließlich auch Kultur ist.

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Kissy 

Kommentare

  1. wieder ganz tolle Bilder ! Und sehr plausible erklärung, dass du gleich am anfang immer sagen soltest, dass Du aus DEUTSCHLAND kommst !!!

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