Bücher des Aprils: Blumen blühen noch
Der April fühlte sich kurz an. Jedenfalls im Gegensatz zum März, der dieses Jahr bekanntlich 50.000 Tage hatte. Ich habe viele Tulpen gekauft, mein erstes Sauerteigbrot gebacken und drei Bücher ausgelesen. Viel mehr gibt es über den April nicht zu sagen. Außer: Blumen blühen noch. Wird schon wieder, alles.
Curtis Sittenfeld: You Think It, I’ll Say It (2018)
Kurzgeschichtensammlung einer jungen Frau, die mir im New York Times Book Review Podcast empfohlen wurde. Deren Empfehlungen sind eigentlich immer super – so auch dieses Mal. Das physische Buch habe ich in einem englischsprachigen Buchladen in Friedrichshain gekauft, der trotz Corona noch geöffnet hatte; man darf jedoch immer nur als Einzelperson zu den Regeln in den Laden kommen und sich umgucken. Was eigentlich ganz schön ist. Ich werde personenberuhigte Geschäfte in der Zeit nach Corona vermissen.
Die Geschichten sind fast alle anteilig melancholisch, aber keine zieht einen runter. Immer geht es um realistische Personen: mal eine Präsidentschaftskandidaten, die Hilary Clinton verdächtig ähnelt, mal eine Reporterin, die einen Star interviewt, mal eine Mutter, die sich unglücklich in einen Freund der Familie verliebt. Die Figuren fühlten sich echt an und Sittenfelds Schreibstil ist schnörkellos und sensibel, ohne gefühlig zu werden. Genau wie ich es mag. Ich habe es in wenigen Tagen ausgelesen und zwar fast ausschließlich in der Position auf dem Photo (s.o.).
Die Geschichten sind fast alle anteilig melancholisch, aber keine zieht einen runter. Immer geht es um realistische Personen: mal eine Präsidentschaftskandidaten, die Hilary Clinton verdächtig ähnelt, mal eine Reporterin, die einen Star interviewt, mal eine Mutter, die sich unglücklich in einen Freund der Familie verliebt. Die Figuren fühlten sich echt an und Sittenfelds Schreibstil ist schnörkellos und sensibel, ohne gefühlig zu werden. Genau wie ich es mag. Ich habe es in wenigen Tagen ausgelesen und zwar fast ausschließlich in der Position auf dem Photo (s.o.).
Guy de Maupassant: Bel Ami (Erstveröffentlichung 1885, meine Ausgabe 2012)
Sei’s drum, die Abenteuer des wenig talentierten, aber kaltblütigen Herrn Duroy, der von seinen Freundinnen „bel ami“, also „schöner Freund“, genannt wird, haben es mir dann doch angetan. Allerdings erst in der Mitte der Geschichte, als eine unerwartete Heirat stattfindet, ein Mann stirbt und der Plot erst richtig Fahrt aufnimmt. Dann ging’s aber in einem Rutsch, während ich am Osterwochenende auf der Couch lag, die Beine über den Schoß meines schönen Freundes drapiert und ein Glas Sekt in der Hand.
Fazit: Muss man nicht gelesen haben. Duroy ist ein schrecklicher Antiheld, dessen schleimiger und dennoch ungelenker Charme mich immer noch erschaudern lässt. Wenn man des Französischen wirklich Herr ist, was ich leider nicht mehr bin, könnte es die Mühe wert sein, es im Original zu lesen. Da ich inzwischen Bücher fast nie ein zweites Mal lese, werde ich wohl um den Genuss kommen. Wie gesagt: sei’s drum, jetzt ist es gelesen.
George Baxt: Ein Mordfall für Dorothy Parker (1985)
Ein 3€-Fund in einer Gebrauchtbuchhandlung in Marburg, wo der Bruder studiert. (Sehr schön übrigens. Also er studiert sehr schön und Marburg ist sehr schön.)
Ich interessiere mich für echte Mordfälle, mochte Krimis aber eigentlich noch nie. Ich möchte die Geschichte von ihrem Ende her erzählt bekommen: Warum ist der verrückte Axtmörder ein verrückter Axtmörder geworden? Wie war seine Kindheit? Warum hat er sich genau dieses Opfer ausgewählt?
Ich mag die ex-post Analyse. Aber das Suchen nach dem Mörder finde ich ziemlich öde. Deshalb interessieren mich im Tatort (wenn ich ihn denn einmal im halben Jahr gucke) eher die Subplots, das Geplänkel zwischen den Kommissar*innen und das Lokalkolorit. In George Baxt Geschichte wird die Dichterin Dorothy Parker in eine mysteriöse Mordserie verwickelt, bei der mehrere junge Frauen ums Leben kommen und mächtige Männer verdächtigt werden. Wie es ausgeht, habe ich jetzt bereits wieder vergessen.
Ich mag die ex-post Analyse. Aber das Suchen nach dem Mörder finde ich ziemlich öde. Deshalb interessieren mich im Tatort (wenn ich ihn denn einmal im halben Jahr gucke) eher die Subplots, das Geplänkel zwischen den Kommissar*innen und das Lokalkolorit. In George Baxt Geschichte wird die Dichterin Dorothy Parker in eine mysteriöse Mordserie verwickelt, bei der mehrere junge Frauen ums Leben kommen und mächtige Männer verdächtigt werden. Wie es ausgeht, habe ich jetzt bereits wieder vergessen.
Wieder hadere ich mit der Übersetzung. George Baxt ist teilweise sehr gut, teilweise sehr merkwürdig übersetzt. Jedenfalls fühlt es sich so an. Besser als „Bel Ami“, immerhin. An manchen Stellen tauchen Wörter auf wie „heißa“, die man seit tausend Jahren nicht mehr benutzt und von denen man nicht wusste, dass man sie vermisst. Insgesamt trägt die 80er-Jahre Übersetzung dazu bei, dass ich mich mehr in die späten 20er versetzen kann, in denen die Handlung spielt. Die Dialoge sind schnell und witzig, die Figuren allesamt Alkoholiker und die meisten davon auch noch echten Personen nachempfunden, die zusammen mit Parker in der legendären Algonquin-Runde zu Hause waren (oder zumindest mit ihr bekannt): Puffmütter, Ganoven, Schriftsteller, Schauspieler, Revuegirls, Redakteure.
Vor allem wegen dieser realen Personen und ihren Wortgefechten war dieses Buch ein Fest für mich. Nicht zu schwer, nicht zu leicht. Genau die richtige Lektüre fürs Teetrinken auf der Couch. Vielleicht mit einem Schuss Gin darin, den man in der Badewanne gepantscht hat.
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Kissy
Vor allem wegen dieser realen Personen und ihren Wortgefechten war dieses Buch ein Fest für mich. Nicht zu schwer, nicht zu leicht. Genau die richtige Lektüre fürs Teetrinken auf der Couch. Vielleicht mit einem Schuss Gin darin, den man in der Badewanne gepantscht hat.
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Kissy
also, mal ehrlich: du musst entweder eine sehr erfolgreiche Literaturkritikerin werden (hallo, Herr Reich-Ranitzki, könnten Sie bitte mal was grrrrosssartiges sagen ???) oder selbst was schreiben.....; immer wieder schön !
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