Bücher eines nebligen Novembers
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| Photo aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 |
Nora Ephron: The Most of Nora Ephron (2013)
Asfa-Wossen Asserate: Manieren (2004)
Dieses Buch wollte ich schon seit Jahren lesen. Jetzt kam die Gelegenheit, es dabei auch gleich für meine Masterarbeit zu analysieren.
Was soll ich sagen? Ich bin sehr froh, einen Blog zu haben, auf dem ich ungefiltert meine Meinung raushauen kann. In einer Masterarbeitsanalyse darf man sich nämlich nicht über konservative Säcke aufregen, und seien sie noch so unerträglich. Wie sagte ein Dozent an der HU mal?
Ganz so schlimm ist Asserate nicht, dass ich ihn als „richtiges Schwein“ bezeichnen wollte. Aber ich finde es immer besonders unerträglich, wenn intelligente Menschen beschränkte Ansichten pflegen.
So leider Herr Asserate. Weltreligionen verdienen Verehrung, weil sie alt sind? Möööööpppp. Antisemitismus, Sexismus, Rassismus... alles sehr, sehr alt. Nichts davon verehrungswürdig. Alter ist keine Schande – eine Leistung aber auch nicht.
Nächstes Problem: Deutscher Adel. Gibt es nicht. Also, es gibt Menschen, die einstige Titel als Teil ihres Namens führen dürfen. Noch, könnte man ergänzen, denn einige Politiker setzen sich dafür ein, dass auch das abgeschafft wird, da es zu Ungleichheit aufgrund von Assoziationen führt. Das Privileg, als Prinz von Dings mit „Eure Königliche Hoheit“ angesprochen zu werden, sowie alle weiteren Privilegien, die die Aristokratie früher inne hatte, sind seit der Weimarer Verfassung von 1919 passé und perdu, verehrte Herrschaften. „Prinz von“ ist seither Teil des Namens und sollte als solcher verwendet werden, etwa so: „Lieber Herr Prinz von Dings, liebe Frau Prinzessin von Bums, wir würden uns freuen, Sie am Wochenende zum Tee zu empfangen.“ Das Schöne daran ist, dass man in Deutschland keinerlei Verrenkungen beim Ansprechen solcher Individuen machen muss. Die Höflichkeit gebietet es keinesfalls, Titel zu verwenden, die es nicht mehr gibt. Herr Asserate sieht das natürlich anders.
Weiter geht es: Frauen waren mal „Damen“. Mystische Wesen, wenn ich es richtig verstehe, sehr schwach, ohne Lohnarbeit, sehr abhängig, sehr verehrungswürdig, sehr dekorativ. Selten real existent, heute schon gar nicht mehr. Dass eine Dame immer Dame bleibt, würde ich stark bestreiten. „Die Sprache macht den Menschen, die Herkunft macht es nicht“, so Professor Higgins in My Fair Lady. Ich würde hinzusetzen, dass die Taten den Menschen machen; wer laut flucht und das Personal hässlich behandelt ist, in meinen Augen jedenfalls keine Dame, da kann der Stammbaum noch so honorig sein.
Umberto Eco: How to Write a Thesis (2015; Erstausgabe 1977)
Eigentlich hätte ich dieses Standardwerk schon viel früher in meiner akademischen Karriere lesen sollen. (Hätte, hätte, L-o-i-lette.) Viel war mir bekannt, manche Herangehensweisen oder Tricks bzw. Warnungen aber auch neu.
Eco erklärt eingängig und gleichzeitig unterhaltsam, wie man an die Themenfindung einer Abschlussarbeit herangeht, wie man Bücher und andere Dokumente findet und auswertet, was man von seinem Prüfer erwarten darf, wie man ihn auswählt, und schließlich wie man so eine Arbeit dann Stück für Stück schreibt.
Eco hat ja auch historische Romane verfasst. Der Name der Rose zum Beispiel. Das hier ist natürlich ein non-fiktionales Buch, es ist aber dennoch recht leichtfüßig verfasst und spaßig zu lesen. An einer Stelle gibt er sich selbst zum Beispiel die Aufgabe, ein Thema unter realen Bedingungen zu recherchieren, wie sie ein Student vorfinden würde, der in einer kleinen Stadt ohne große Bibliothek wohnt. Seine nerdige Hingabe an dieses kleine Experiment ist geradezu rührend: „I decide to start from the subject catalog. Unfortunately, I am immediately exceptionally lucky, and this threatens the integrity of the experiment.“
Erst auf Seite 102 kommt der hilfreiche Hinweis: „Do not expect this book to tell you what to put in your thesis, or what to do with your life.“
Seien wir ehrlich: für beides wäre man doch als Student manchmal dankbar gewesen.
Sein Fazit beginnt dann auch besonders schön: „I would like to conclude with two observations. First, writing a thesis should be fun. Second, writing a thesis is like cooking a pig: nothing goes to waste.“
In diesem Sinne wünsche ich mir selbst noch viel Spaß beim kochen meines Schweins...



auch auf die gefahr hin mich zu wiederholen: Du MUSST veröffentlichen! Deine Texte sind witzig, eloquent, intelligent und locker flockig zu lesen!
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