Eine neue Leinwand


Die Farbe des Jahres, welche die Firma Pantone jedes Jahr ausgibt, ist 2021 „Teal“. Auf deutsch könnte man laut Wörterbuch „seegrün“, „petrol“, „aquamarin“, „blaugrün“ oder „smaragdgrün“ sagen, was für mein Verständnis alles verschiedene Farben sind. Ich bin grundsätzlich kein Riesenfan der Farbe, sagen wir mal, Petrol – was aber vor allem daran liegt, dass sie mir überhaupt nicht zu Gesicht steht. 

Als Wandfarbe könnte ich mich damit sogar anfreunden. 

Aber über Wandfarben wollte ich gar nicht schreiben, sondern über das neue Jahr und was ich damit vorhabe. Was kommt, was bleibt, was geht? 

Wie alle Welt so tun kann, als hätte mit dem Beginn des neuen Jahres auf einmal alles, was im alten Jahr passiert war, keine Gültigkeit mehr, ist mir... zugegebenermaßen völlig einleuchtend. 

Trotzdem ist es natürlich Unsinn. 

Aber das Gefühl, mit dem ersten Januar ein neues Leben beginnen zu können, ist verlockend. Mir ist daher auch unverständlich, warum Menschen Montage nicht mögen. Klar, damit beginnt die verhasste Arbeitswoche; geschenkt. Aber ein Montag ist ein Neuanfang! Jede Woche ein kleiner erster Januar quasi. Eine (zumindest hypothetisch) weiße Leinwand, ein Hoffnungsschimmer, eine neue Chance. 

In jedem Fall eine Gelegenheit, Resümee zu ziehen und sich zu überlegen: Wo stehe ich? Was macht mir Freude, was bedrückt mich? Was möchte ich vielleicht ändern/loslassen/anfangen? 

Ziehen wir zunächst Bilanz. 


Im Januar 2020 hatte ich mir folgendes vorgenommen: 

– mehr (zum Spaß) zu lesen, mindestens aber 20 Bücher 

– mehr zu kochen, vor allem für andere Leute 


Und wie durch ein Wunder kam eine Pandemie daher und ich hatte Zeit, zu lesen und zu kochen. Meine Lesereise habe ich hier ja schon ausreichend dokumentiert. 


Darüber hinaus ist es absolut berechtigt, zu behaupten, dass ich in diesem Jahr nochmal richtig kochen gelernt habe. Zu Silvester gab es immerhin Ente à l’orange an leicht karamellisiertem Wintergemüse mit Klößen (okay, letzteres aus der Packung). Ich würde mich inzwischen trauen, eine Schar Gäste zum Essen einzuladen, so das denn erlaubt wäre. Ein Quantensprung von der ängstlichen, gestressten Köchin, die ich noch vor einem Jahr war.


Silvesteressen mit schlechter Beleuchtung

Was also möchte ich mit 2021 anfangen? 

Wie letztes Jahr nehme ich mir nur Dinge vor, die mich bereichern, anstatt mich zu kasteien. 

1) Ich möchte jeden Tag ein Gedicht lesen. 

Gedichte gehören zu einer Gattung Literatur, für die ich – mit Ausnahme der Sonette von Shakespeare – noch nie viel übrig hatte. Ich glaube aber, dass ich damit etwas verpasse. Ich habe bei einer Buchhandlung um die Ecke gestern drei Bände („Die besten deutschen Gedichte“, „Stung with Love: Poems and Fragments of Sappho“ und „Open Door: 100 Poems, 100 Years of Poetry Magazine“) bestellt und werde jeden Abend (vielleicht auch morgens, mal sehen), ein Gedicht lesen. Es wird wohl kaum mein Leben verändern; im besten Fall verstreut es aber etwas Feenstaub darüber. 

2) Ich werde all die gesammelten Rezepte, die hier rumfliegen, eins nach dem anderen nachkochen und jene, die sich bewähren, in ein personalisiertes Rezeptbuch übertragen. 

Praktischerweise habe ich von der lieben Mama zu Weihnachten ein passendes Buch geschenkt bekommen. Es kann also schon heute losgehen. Ich habe an Silvester Parmesanshortbread gebacken, das gut genug war, um die Aufnahme zu verdienen. 

3) Ich möchte mir jeden Tag ein paar Minuten Zeit nehmen, um meinen Tag zu planen und zu reflektieren. 

Auch dafür habe ich ein schönes Geschenk bekommen. 

Das 6-Minuten Tagebuch, ein Geschenk vom Freund 

4) Ich möchte fokussierter arbeiten, um meine Masterarbeit erfolgreich zu beenden und meinen Abschluss zu machen. 

Zu diesem Zweck habe ich bereits im alten Jahr eine „Bildschirmzeit“ eingerichtet, damit ab 23.00 keine meiner nicht-essentielle App mehr zugriffsfähig ist. Ich habe außerdem nur eine Stunde am Tag für Instagram zur Verfügung. Und siehe da: Meist schöpfe ich die Stunde nicht mal aus. Es gibt sicher noch viele weitere Tricks und 2021 wird das Jahr, in dem ich sie austeste. 

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Letzteres fällt beinahe in die Kategorie „Selbstoptimierung“, die mitunter eher unglücklich als glücklich macht, weshalb ich sie seit letztem Jahr in meinen Neujahrsvorhaben zu vermeiden suche. Da ich mir aber ein machbares inneres Ziele gesetzt habe (Rohfassung bis 1. April, täglich sechs Stunden daran arbeiten) und mich mehr Produktivität zufriedener macht und dazu führt, dass ich meine Freizeit aktiver genieße, halte ich diesen Punkt trotzdem für richtig und glaube, dass er mich genauso bereichern kann wie die anderen Vorsätze. 

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Ein frohes neues Jahr; auf ein glückliches, erfolgreiches, lernfreudiges, tolerantes, spannendes Neues. 



Kissy 

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